2004/09 – Katja : Post aus Patagonien

6 Aug

 

 

Eine Kollegin von mir macht eine Reise in Süd Amerika und war so lieb mir einige E-mails zu schreiben.

Ich beneide sie sehr dafür dass sie eine Reise durch eine Gegend macht die mich sehr fasziniert.

Während Ihrer Reise durch Argentinien und Chile verbrachte sie auch viel Zeit in Patagonien / Feuerland. Diese werden durch die Magellanstrasse getrennt.

Eine sehr menschenleere gegend. Nur Drei Prozent der Chilenen wohnen im südlichen Drittel des Landes.

Die Landschaft ist ebenso unglaublich bizarr wie das Wetter. Der Nationalpark Torres del Paine ist 240.000 Hkt. gross.

Hier treffen die Ausläufer der Anden auf die patagonischen Pampas. Gipfel von immer noch 3.000 Metern Höhe, Seen, Wasserfälle, Gletscher. Nördlich des Naturparks ist die Drittgrösste zusammenhängende Eisfläche der Welt, in der Mitte befindet sich der Gletscher Pio XI.

Mehr Eis als hier gibt es nur in der Antarktis oder auf Grönland.

Die einzige Grosstadt ist Punta Arenas mit ca. 100.000 Einwohnern. Puerto Williams ist am südlichsten Ende Chiles, kurz vor Kap Hoorn und befindet sich am Beagle Kanal. Nachbarstadt ist das Argentinische Ushuaia.

Sie war so freundlich mir zu erlauben ihre E-mails hier zu veröffentlichen und
wird einige Fotos zu Ihrem Artikel hinzufügen.

Muchas Gracias Katja !!

KATJA : POST AUS PATAGONIEN

 

26.09.04

10:00:21:

Lieber Nino,

noch ein Flug nach Ashgabat, dann habe ich zwei Monate frei (Teilzeit und Urlaub). Komme erst im Dezember wieder.

Ich freu mich schon tierisch, denn ich werde wieder durch Südamerika reisen und ein bißchen Abstand vom Fliegen gewinnen können. Von Zeit zu Zeit braucht man das, oder?

Diesmal will ich nach Argentinien und Chile, auch runter nach Patagonien, so richtig mit allem drum und dran, Zelt, Schlafsack, Kompass….

Während meiner Reise schreibe ich auch immer Berichte, schon alleine um die ganzen Eindrücke festzuhalten und schicke sie an meine Familie zuhause. Ich habe mittlerweile alles von Dir gelesen, es hat lange gedauert, denn ich hatte Probleme die CD einzulesen, (habe keinen eigenen Computer). Danke auch für das Bild, das Du mir beigefügt hast! Wenn ich drüber nachdenke, dann habe ich eigentlich gar nicht viele Bilder von mir in Uniform und dieses mit dem Jumbo im Hintergrund ist wirklich gut.

Deine Berichte finde ich sehr interessant. Ich habe mir beim Lesen oft gedacht, wie das wohl auf jedemanden wirkt, der nicht so viel rumkommt wie Du und ich. Ich fand es wie gesagt sehr interessant, auch wenn ich die Strecken fast alle kenne, mal durch Deine Augen zu sehen.

Eine Frage hätte ich noch: Wie machst Du das? Schreibst Du während des Layovers oder machst Du nur Notizen und legst dann zuhause los? Und stellst Du die Berichte dann ins Internet oder veröffentlichst Du noch irgendwo anders?

Auf jeden Fall behalte Dir das bei, gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es wichtig zur Ruhe zu kommen und die Fülle von Eindrücken noch einmal zu durchleben. Ich finde das gut. Ausserdem haben so die anderen auch was davon.

Viele liebe Grüße Nino, hoffe wir fliegen mal wieder bald zusammen. Im Dezember bin ich wieder da von meiner Reise, machs gut!!

Katja

 

 

27.09.04

11:01:20

Hallo Katja,

schön von Dir zu hören. Danke für die ausführliche mail und Deine Bemerkungen.

Zuerst : sind gestern aus der Algarve wieder zurück, hatten einen tollen kurzen Urlaub von 8 Tagen dort, davor 9 Tage in Spanien bei meinen Eltern. Jetzt haben wir immer noch 3 Wochen Urlaub, aber die Zeit geniessen wir hier mit Nichtstun.

Für Deine 2 Monate Auszeit und besonders für Dein Reiseziel Patagonien beneide ich Dich sehr, denn diese Landschaft faziniert mich seit langem.

Schade dass ich das nicht wusste, ich war seit Dez. 03 dreimal in Buenos Aires und habe mir dort einen
kleinen Reiseführer oder besser einen bebilderten Katalog über Feuerland hinunter bis Patagonien geholt, allerdings eher touristisch. Ich hoffe Deinen Bericht darüber lesen zu können !

Zu Deinen Fragen : ich schreibe gerne – nicht gut, aber gerne. Seitdem ich 17 bin schreibe ich täglich meine Eindrücke u. Erfahrungen nieder, alle Tagebücher habe ich im Keller, lese aber nicht mehr drin.

Begonnen hat dieses Berichte schreiben vor langen Jahren -1984- als viele LH Kollegen wussten dass ich “Spezialist” für Bali und Lombok war.

Statt immer Zettel zu schreiben, schrieb ich einen kleine Reiseführer Bali Lombok der für FB’s in einer Zeitschrift von LH veröffentlicht wurde. Dann
schrieb ich für das LH Bordbuch einen Artikel über den Santa Ana Platz in Madrid 1992.

Das mit den Zigarren kam so : Ich schrieb Beiträge für eine Zigarren Webseite und begann so von meine Flügen zu schreiben, das kam riesig an bei den Leuten – wie Du sagst weil diese nicht fliegen und Fernweh haben, und ich schrieb immer mehr. Ich mache das so dass ich mir kleine Notizen schreibe, Sachen merke, Fetzen behalte und daraus
einen Artikel schreibe.

Es ist auch nicht gerade anspruchvoll, es sind einfach kleine Berichte, mehr nicht. Da ich sie so haben wollte wie ich es für richtig halte beschloss ich dann meine eigene Homepage/Website zu stricken, und hier ist sie. Sie wird allerdings noch etwas heller werden, die Schrift grösser, ich bin an der Baustelle noch am arbeiten.

Aber wie Du richtig sagst, es ist (m)eine Art Reisen nochmal bewusster zu erleben, anders zu sehen, mir Gedanken zu machen, etc. es gefällt mir einfach, und selbst nach 30 Jahren LH fliegen macht es mir
viel Spass.

OK, Katja, das war es von hier, es freut mich dass Du Dich gemeldet hast. Ich wünsche Dir viel Spass in Patagonien und eine sichere Heimkehr ! Melde Dich.

Alles Gute

Nino


 

17.10.04

01:28:08


Hallo aus Buenos Aires, lieber Nino !!!,

Bin gut angekommen, obwohl der Empfang alles andere als herzlich war: Es regnete in Stroehmen, so dass ich richtig geduscht wurde. Ausserdem war mein Rucksack kaputtgegangen.

Heute hat sich meine Laune wieder gebessert. Nach zwei Tagen Regen und trueben Wolken klart es auf und heute strahlte die Sonne bei azurblauem Himmel.

Da sieht die Welt gleich anders aus!!

Momentan bin ich drauf und dran Richtung Sueden zu ziehen. MUY PRONTO!!!  Egal obs kalt wird oder nicht. Habe keine Lust mehr laenger zu warten.

Denke uebermorgen versuche ich nach Santiago und dann nach Punta Arenas zu fliegen.

Ich bin der Stadt so langsam ueberdruessig und freue mich aufs Wandern und die Natur da unten. Deshalb will ich jetzt schnellstmoeglich runter nach Suedchile und lass mir dann Zeit mit dem Rueckweg. Da nehm ich dann den Bus oder den Zug.

Ansonsten sind meine Tage ausgefuellt mit Sightseeing und viel Laufen. Gestern St. Telmo, heute La
Boca, dazwischen immer ein Kaffee trinken und verweilen.

Heute habe ich endlich noch meinen Rucksack zur Reparatur gebracht. Das arme Ding ist fertig, aber irgendwie haenge ich dran, hat schon viele Reisen mitgemacht. Ausserdem klaut mir den bestimmt niemand, so wie das aussieht.

So, das mein Reisebericht in Kuerze. Viel zu erzaehlen hab ich ja noch nicht.

Viele Gruesse, bis bald –

Katja

 

 

 

26.10.04

01:48:07

wie gehts?

Na, wenn ich so hoere was Du fliegst, dann bin ich ganz froh hier mich meines Lebens zu erfreuen und nur aus pleasure zu fliegen….

Ich bin angekommen in Mendoza/Argentinien, habe sozusagen einmal das ganze Land durchquert. Die Busreise war natuerlich elendig lang, 24 Stunden. Normal eigentlich 22, aber der Zoll machte Probleme in Argentinien.

An der Grenze mussten alle aussteigen, unser Gepaeck wurde durchsucht usw. Meinen Rucksack liessen sie allerdings schoen zu, als der Zoellner fragte, was da drinne sei und ich antwortete: Ropa sucia, da liess er es.

Claro, so wie ich mittlerweile aussehe….

Die Fahrt selbst war soweit ganz angenehm. Mit mir waren nur weitere 8 Verrueckte auf diesem Hoellentrip, darunter ein Paerchen aus Uruguay/Schottland, ganz nette Leute, mit denen ich mich angefreundet habe. So hatte ich zwei Sitze fuer mich alleine, verbunden mit einem schoenen Panoramablick aus aus dem 2. Stock des Busses.

Wir fuhren vorbei an endlosen Weiden, einfach riesig dieses Land! Soweit das Auge reicht, von Horizont zu Horizont, nur Pampa, durchzogen von kleinen Waeldchen oder breiten Flussen. Viele Rinderherden, voellig sich selbst ueberlassen. Kein Wunder, wenn die Tiere so natuerlich aufwachsen, dass sie so gut schmecken. (Alle Vegetarier, bitte ignorieren…)

Es ging immer schnurgerade aus auf breiten Strassen und waehrend der Nacht habe ich sogar etwas schlafen koennen. Allerdings bin ich oefters mal aufgewacht, weil mir abwechseln heiss und kalt war, was daran lag, dass einmal die Heizung volles Rohr bliess (und ich dick eingemummelt war) und einmal war sie abgestellt (und ich musste wieder Jacke und Decke umlegen..).

Morgens hat mich der junge, nervoese Steward (es war seine erste Reise) geweckt fuer das “Desayuno”, (hey es gab Bordservice…) das aus einem Keks und zuckersuessem Nescafe (den er mir beinahe noch uebergeschuettet
haette…) bestand.

Aber der Blick, der Blick war phantastisch. Zwischenzeitlich waren wir kurz vor Mendoza, rund 1.400 km hatten wir zurueckgelegt und die Anden lagen direkt vor uns, schneebedeckt im roten Licht der aufgehenden Sonne. Hach, die schoenste Strapaze kann so schoen sein…

Das nette Paar ist dann mit mir auch ins selbe Hotel gegangen. Habe zwar ein Zimmer Model “Gefaengniszelle”, aber es war sehr ruhig heute nacht und ich habe geschlafen wie ein Stein.

Gleich bei Ankunft sind wir (die zwei und ich) losgezogen und haben die Stadt erkundet.

Was wirklich sehr schoen ist in Mendoza ist der Park. Der ist groesser als die ganze Stadt, kuenstlich angelegt und wirklich enorm schoen. Wir machten eine Rundfahrt (richtig mit Bus, da der Park so gross ist) und haben spaeter in der Sonne gesessen und ein Eis geschleckt. Der Park ist schoener als der Central oder Hydepark. Es war Sonntag und viele Leute aus der Stadt kamen zum Picknick, spìelen Fussball oder gingen spazieren.

Gestern abend waren wir in einem tollen Restaurant. Hier in Argentienen gibt es etwas, das nennt sich “Tenedor libre”. Bedeutet, man bezahlt einen geringen Obolus (2,50 Euro) und kann schlemmen ohne Ende. Wir mussten zwar warten, denn das Bueffet war erst um 20.30 Uhr freigegeben, aber es hat sich gelohnt, dass wir solange Kohldampf geschoben haben.

Der Schotte grinste die ganze Zeit von einer Seite zur anderen Seite und ass bestimmt 3 Steaks. Und dann noch das Kuchenbuffett… hach, heute mach ich
Diaet!!

Schon deshalb, weil ich weiter nach Chile mit dem Bus fahre und man mir gesagt hat, dass die Strecke sehr kurvenreich ist…, nicht dass ich das gute Essen wieder hergeben muss……

Aber es ist auf jeden Fall bestimmt eine super Aussicht. Ich freu mich drauf. Von Chile aus versuche ich dann runter nach Puntas Arenas (ganz im Sueden) zu fliegen. Hoffe es klappt diesmal.

Weiss gar nicht mehr ob ich geschrieben habe, dass ich am Sonntag vor einer Woche urspruenglich von B. A. nach Santiago fliegen wollte, aber es war “el dia de la Madre” (Muttertag) und alle Fluege waren voll, voll, voll. Lan Chile vergibt auch keine Jumpseats….(andre laender, andre Sitten, sag ich
bloss).

So bin ich nach 8 frustierenden Stunden von dannen gezogen und habe kurzentschlossen den Faehre nach Uruguay genommen.

Sonntag war aber definitiv nicht mein Reisetag, denn die Faehre war auch kaputt, was die Fahrtzeit glatt verdreifachte.

An Bord gab es deswegen ein Handgemenge, da die Leute ihr Geld zurueckwollten, sie hatten naemlich fuer Express gezahlt. Alle Umstehenden entschuldigten sich bei mir, fanden sie es doch so peinlich, dass eine “Tourista” (immerhin nicht Gringa) diesen Aufstand mitkriegte.

Doch spaet abends, als ich in Colonia ankam, wurde ich fuer alles entschaedigt, eine ruhige Hospedaje, freundliche Leute, ein altes Stadtchen im Colonialstil, direkt am Rio Plata gelegen und mit vielen Baeumen und gruenen Wiesen.

Die Leute wirklich sind sehr freundlich in Urugauy. Habe einen Mate probiert, im Restaurant haben sie mir einen prepariert, denn normalerweise bekommt man den nicht – man macht ihn selber. In der Tat laeuft hier jeder mit seinem Becher herum. Jung, wie alt. Eine schoene Kultur.

Auf der Faehre habe ich Marilou kennengernt, die habe ich auf der Arbeit besucht als ich nach Montevideo kam.

Alle Collegas wussten schon Bescheid ueber mich. Abends sind wir schoen ausgegangen. Alle zusammen. (Die Maedels superchic und ich in Wanderstiefeln…na super…).

Mittlerweile habe ich so viele Leute in Montevideo kennengelernt, dass ich unbedingt noch mal vorbeischauen muss.

Wir waren in einem schoenen Pub (Steak essen, was sonst) und am Nebentisch sassen ein paar Anwaelte (alle im weissen Hemd, ohne Krawatte) und nach einer Weile schoben wir die Tische zusammen und wir sassen bunt durcheinandergewuerfelt in netter Runde.

Jedes Maedel hatten einen “Abogado” und ich hatte zwei (Bonus, da ich blond bin, wahrscheinlich eher nicht wegen meinem rustikalen Outfit….). War sehr lustig und am Ende haben sie die gesamte Rechnung bezahlt. (Aus Versehen glaube ich, die waren alle nicht mehr taufrisch….). Die Leute sind sehr offen und freundlich. Man ist wirklich nie alleine, hat staendig Kontakt.

Bin mal gespannt, ob das in Argentinien und Chile auch so ist.

Na ja, die naechst Mail kriegst Du dann hoffentlich vom Sueden. (Gottseidank kann ich meine Plaene staendig ueber den Haufen werfen….Was waere die Welt ohne Improvisation…)

Chiao, machs gut, bis bald,

– Katja

 

 

06.11.04

22:14:11

 

 

 

Schoen von Dir zu hoeren!

Geht´s Dir gut? Wie war der Besuch der Mauer nach 20 Jahren?

Danke der Nachfrage, aber ich brauch nichts von Zuhause…:))). (Vielleicht noch einen Monat Urlaub, das waere gut..).

Super, dass Dir meine Berichte gefallen und vielen Dank fuer das Angebot!  Natuerlich kannst Du gerne was auf Deiner Homepage veroeffentlichen wenn Du magst. Bilder habe ich auch gemacht. Du hast da freie Hand. Ich schreibe eigentlich nicht regelmaessig, nur wenn ich weiter weg bin fuer laenger. Dann schicke ich Berichte nach Hause, zu meiner Familie und meinen Freunden.

War vier Tage unterwegs im Nationalpark “Torres del Paine”, habe wunderschoene Bilder gemacht und viel erlebt. Deshalb hast Du so lange nix von mir
gehoert.

Kann Dir sagen, es war eine Hoellentour, bin bis an meine Grenzen gegangen und habe in vier Tagen rund 80 km zu Fuss durch die Berge mit vollem Gepaeck (Zelt usw.) zurueckgelegt. Aber ich brauche ein Abenteuer ab und zu, damit ich danach mein Bier und mein Steak und mein Bett umsomehr schaetzen kann.

Aber der Reihe nach:

Vor gut einer Woche bin ich von Mendoza nach Saniago de Chile mit dem Minibus. Eine Franzoesin, die ich in Chile lebt, hat mir eine preiswerte und gute Unterkunft empfohlen und mich am Ende noch zur U-Bahn begleitet, nur um mir den richtigen Zug zu zeigen.

Die Fahrt durch die Anden war superschoen, es wurde immer kaelter, je hoeher wir kamen und die Berge waren mit Schnee bedeckt. Unser “Collektivo” ging kaputt, (es verlor Sprit…), so dass wir 3 Stunden laenger brauchten als vorgesehen, ueber 9 Stunden bis Santiago. Da die Passagiere nur Frauen mit mindertechnischer Begabung waren, konnten wir dem Choffeur leider nicht viel helfen bei der Reparatur.

Am naechsten Morgen ergatterte ich endlich einen Flug nach Punta Arenas. Obwohl mir langsam schwante, dass Lan Chile wohl lieber den Hund der Putzfrau mitnimmt, als mich, bekam ich an Ende einen Sitz. Nach drei (!) Stunden Flug, war ich in Punta Arenas, ganz am unteren Ende in
Patagoniens, angelangt.

Es hat mir auf Anhieb gefallen hier, obwohl es nur ein kleines verschlafenes Fischerstaedchen ist. Liegt wohl an den Leute hier, untergekommen bin ich in der Hospedaje “Independencia” . Eduardo heisst der Eigentuemer, – eine super, super Person – und in der Hospedaje wohnen noch zwei Freunde von ihm, Rodrigo und Louis. (Sie arbeiten in Punta Arenas). Wir sind ein gutes Team und die Jungs wollen unbedingt, dass ich Ihnen mal Spaetzle koche (es dauerte eine Weile bis mir klar wurde, was sie meinten, sie sagen naemlich
“Sezzle”…)

Meine ersten Tage verbrachte ich somit in Punta Arenas. Das Wetter war schlecht, es regnete und regnete, bei 1 – 5 Grad ueber Null. Machte aber nix, wir sassen gemuetlich beisammen in Eduardos wohligwarmer Kueche, tranken (Nes)Kaffee und ueber dem gusseisernen Ofen trocknete meine Waesche. Zu erzaehlen gab es viel und ab und an kam die Katze hinter dem Ofen hervor, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen.

Die Sehenswuerdigkeiten in Punta Arenas hatte ich schnell abgeklappt, darunter ein Muesum der chilenischen Marine. Der Museumswaechter freute sich sehr, dass mal jemand vorbeischaute, ich war wohl der einzige Besucher seit Jahren. So bekam ich eine exklusive Fuehrung duch allerlei seemaennisches Zubehoer und man zeigte mir einen schwarzweiss Film aus dem Jahre 1924 (Umsegelung von Cap Horn). Zum Schluss musste ich mich in das goldene Besucherhandbuch eintragen.

Die Leute hier sind sehr interessiert und ich komme mit vielen ins Gespraech. So verging die Zeit sehr schnell.

Nach rund drei Tagen beschloss ich aber, den Nationalpark in Angriff zu nehmen. Ich wollte los, konnte nicht Ewigkeiten auf besseres Wetter warten. Die Jungs stellten mir ihre Ausruestung zur Verfuegung: Zelt, Isomatte und Polarschlafsack und gaben mir allerlei fachmaennische Tipps beim Packen. Ich uebte in Eduardos Garten das Zeltaufbauen, dann das muss auch unter widrigsten Bedingungen schnell gehen.

Bei der Ernaehrungsfrage trennten sich die Geister. Einen Kocher wollte ich nicht mitnehmen, da mir das zu viel erschien. Vielmehr beschraenkte ich mich auf einfache Kost. Im Supermarkt kaufte ich ein: zwei Tunfischkonserven, eine Buechse mit Hackfleischsosse,Trockenobst, Nuesse, Brot und Schokolade. Rodrigo gab mir recht, meinte, ich wuerde ja nicht zum Essen in den Park gehen, sondern um mir die Natur anzuschauen. Ausserdem, so sagte er, er, ich solle die Buechsen als erstes leermachen (Gewicht). Luis, (Koch von Beruf), war da eher skeptisch, “eine Suppe wurde mir guttun”, aber “es sei mein Leben”. Eduardo meinte schliesslich, ich sollte wenigstens meine grosse Blechtasse mitnehmen, damit ich mir heisses Wasser borgen koenne bei den Park
Rangern.

Also zog ich, gut prepariert und mit den besten Wuenschen, los. Nach drei Stunden Fahrt gelangte ich nach Puerto Natales und uebernachtete dort im Hostal von Eduardos Freunden. Das Hostal war sehr schoen, ganz aus Holz und es gab selbstgebackenes Brot zum Fruehstueck. Nach weiteren drei Stunden Fahrt an naechsten Morgen war ich im Nationalpark.

Nach meinem Zeltaufbau im “Basislager” machte ich mich auf zu den Gipfeln der Torres. Es herrschte super Wetter, sonnig und kuehl, so dass ich nach drei Stunden den Aufstieg geschafft hatte und den Anblick geniessen konnte. Kurz drauf kamen auch die Spanier an, die ich zuvor kennengelernt hatte, und wir feierten gemeinsam unseren ersten Erfolg. Nach zwei weiteren Stunden waren wir wieder unten im Tal, machten ein Feuer um uns zu waermen. Nach einer Buechse Tunfisch und Brot kroch ich todmuede in den Schlafsack. Es wurde recht schnell kalt, besonders nach der Anstrengung.

Am Morgen stand ich schon frueh auf. Waehrend der Nacht war ich mehrmals wachgeworden, teils wegen der Kaelte und teils wegen dem harten Boden. Die Wiesen waren mit Raureif ueberzogen und mir klapperten die Zaehne.

Ich trank Tee mit meinen spanischen Nachbarn, dann machte ich mich, nachdem ich mein Zelt abgebaut hatte, auf zur naechsten Station im Park. Mir wurde schon recht bald warm, denn die Sonne kam heraus und die stolzen 16 Kilo auf meinem Ruecken taten ihr uebriges. Die Wanderung war sehr schoen, vorbei an mehreren Seen durch die Natur. Der Himmel war azurblau und rundherum um mich schneebedeckte Berge. Just zur Mittagszeit, als ich mich – mit lecker Brot und Tunfisch – an den See setzte, ging eine Lawine an den Bergen ab. Als haetten wir das geuebt. Ein super Tag, schoenes Wetter. Habe sehr wenige Leute unterwegs getroffen, nur zwei
Englaender.

Der Weg war recht einfach, doch das letzte Stueck schwierig, viele Huegel und Felsbrocken. Besonders gemein, so ein Aufstieg mit Rucksack. Und kaum hat man es geschafft, und geht es gleich wieder abwaerts. Viele Gruesse an die Kniescheiben kann man da nur sagen…

Nach mehreren Pausen kam ich abends im Camp “Italiano” an. Der Ranger freute sich ueber Besuch und half mir beim Zeltaufbauen.

Im Kuehlschrank fand ich nichts anders, also machte ich mir ein Brot mit Tunfisch.

Das Erste, was ich morgens hoerte, war das Prasseln des Regens. Mist, das Wetter hatte sich geandert! Trotzdem wollte ich mich an den Aufstieg machen, zu den Berggipfeln des “Valle de Franceses” (Tal der Franzosen), von dort aus konnte man das ganze Tal ueberblicken. Leider sah ich nicht sehr viel, die Berge waren mit trueben Wolken verhangen und die Sicht war miserabel. Ausserdem war es nass und kalt. Weiter oben wurde aus dem Regen Schnee.

Schliesslich kehrte ich um. Durch und durch nass.

Wieder im Zeltlager, kam Christian (so hiess der Ranger) aus seinem Refugio und fragte, ob ich einen Cafe trinken wollte. Was fuer eine Frage, das ist etwa so, als ob man einen in der Wueste fragt, ob er ein Wasser will….Klar!! Einen Teller mit Nudeln hatte er auch fuer mich. Na super, da erwachten wieder alle meine Lebensgeister!  Kaum war ich fertig, da fragte er, ob er mich zum Essen einladen koenne, es wuerde ihn sehr freuen, wenn ich ihm Gesellschaft leiste. Verdutzt sagte ich “Aber wir haben doch gerade gessen” sagte ich. Daraufhin meinte er: “Nee, das war das Fruehstueck, jetzt kommt das Mittagessen”. Ob er jetzt aus Hunger oder Einsamkeit kochte, konnte ich nicht ergruenden, mir war´s jedenfalls recht. Waehrend er am Herd stand, machte ich mich ans Zeltaufbauen und packte meine Rucksack. (Arbeitsteilung in Suedamerika!).  Dann gabs das “Mittagessen” (Fisch aus der Dose (!)..- tja, schon lange nicht mehr gehabt, haha..- , aber diesmal mit Reis und Tomatensosse mit Zwiebeln). Nach weiteren zwei Nescafes machte ich mich gestaerkt auf den weiteren Weg. Zum Abschied schenkte ich ihm meine Konserve mit Hackfleischsosse, worueber er sich sehr freute. Alles muss aus dem Tal mit Maultieren heraufgeschafft werden, so dass aus Gewichtsgruenden nicht viel Raum fuer Fleisch oder Gemuese bleibt. Ein Park-Ranger tut immerhin 14 Tage am Stueck Dienst, so dass das Essen etwas eintoenig werden kann, lebten wir doch alle die selbe
Diat…

Die ersten zwei Stunden zum Lager Peohe klappten so gut, dass ich im Groessenwahn beschloss weitere 4 Stunden zum Lager aufzusteigen, welches sich unmittelbar am Gletscher “Grey” befand. Es regnte seit Stunden in Stroehmen. Ich war ganz und gar nass, meine Jacke, mein Rucksack und mein Brot war aufgeweicht. (Aber nicht mein Schlafsack, da ich ja dank der guten Beratung der Jungs alles in Plastikmuellsaecke eingewickelt hatte). Der Weg zum Gletscher ist sagenhaft, man umrundet einen See mit Eisschollen, aber leider war die Sicht nicht gut.

Muede stolperte ich ueber einen Stein. Geschickt balancierte ich aus, hatte aber vergessen, dass rund 16 Kilo nasse Waesche und Zelt auf einem Ruecken hingen und – rummmmssss!!! – sausste ich mit volle Wucht auf die Knie. Die schoene Skihose hatte zwei breite Loecher ueber beiden Knien, aber sonst war nicht viel passiert. Ich fluchte wie ein Kutscher, war aber egal, es hoert ja niemand.

Todmuede kam ich abends im Lager an. Zwei Brasilianer eilten mir beim Aufbau meines Zeltes zu Hilfe, als sie hoerten dass ich von den Franceses bis hierher an einem Tag gelaufen war. Immerhin 25 Km bei Dauerregen!

Am naechsten Morgen wurde ich fuer alles entschaedigt. Es war zwar klirrend kalt, aber ich sah die Gletscherzunge bei aufgehender Sonne und hoerte das Brechen des Eises.

Mit tauben Fingern baute ich mein Zelt ab und zog meine klamme Jacke an. Tja, das “Abenteuer” kann manchmal hart sein.

Leider musste ich zurueck, da mein Schiff um 12.30 Uhr in Peohe ablegte.

Der Rueckweg war wieder beschwerlich, ich war muede und der Rucksack war so schwer wie nie…wahrscheinlich weil alles klamm war. Doch ich hatte diesmal den Panoramablick auf den See mit den Eisschollen, den Gletscher im Sonnenlicht. Besser als jede Postkarte.

In Puerto Natales angekommen fuhr ich gleich weiter nach Punta Arenas. Es war eigentlich kein Platz mehr im Bus, doch ich durfte auf dem “Schaepperchen” beim Fahrer sitzen. Ganz wie beim Fliegen. Drei Stunden lang. Der nette Mann hat schoen die Heizung angemacht und wir haben viel erzaehlt, obwohl direkt ueber uns ein Schild hing, dass “es verboten sei waehrend der Fahrt mit dem Choffeur zu reden”…

Abends spaet kam ich in Punta Arenas an und habe ein Bier mit “meinen Jungs” getrunken und die “Expedition” gefeiert mit
Spargetti.

Heute bin ich schon wieder am Packen. Ich habe auf einem Cargoschiff angeheuert, werde ein paar Tage nach Puerto Williams fahren, das liegt ganz suedlich, am unteren Ende Feuerlandes.

Bis dahin ganz liebe Gruesse in die Heimat!!
Chiao!!

Deine

Katja

 

 

 

10.11.04

18:11:13

 

 

Lieber Nino,

hoert sich ja gut an, Dein Aufenthalt in Peking. Superglueck mit dem Wetter gehabt. Ich bleibe noch hier bis Ende November, muss langsam mal ein bisschen in die Poette kommen und weiterziehen. Aber faellt schwer, denn es ist wirklich super hier.

Da die Jungs sich Spaetzele gewuenscht hatten, habe ich es gleich am Samstag ausprobiert, als ich vom Boot kam. Allerdings kann man mit dem Holzofen von Eduardo nicht so genau den Siedepunkt treffen, so dass das ganze nicht “al dente” wurde, (eher eine undefinierbare Masse die am Topfboden klebte, haha…). Das war kein Problem, denn hier isst man die Nudeln immer weich. Dazu wollte ich nur eine Tomatensosse servieren, habe aber aus Versehen eine Tuete mit Chilli genommen (ein kleines interkulturelles Verstaendigungsproblem), so dass das ganze eine hoellisch scharfe Angelegenheit wurde.

Die Jungs haben erst mal nach Luft schnappen muessen und dann gebruellt, “wie scharf das denn sei”, und “ob ich sie denn vergiften wolle”. “Was fuer eine Verrueckte ich doch waere, so eine Sosse zu machen”, usw. Sogar Eduardos Schlittenhundmischlinge, die im Garten leben, wollten nichts davon, obwohl sie Hunger hatten. Jetzt glaubt mir keiner mehr, dass ich durchaus kochen kann, sie lassen mich nicht mehr an den Herd.

Meine Reise nach Puerto Williams mit dem Boot war klasse.

Zuerst probierte ich mit dem Millitaer mitzufahren. Hatte ich doch erfahren, dass es eine Verbindung gibt zu einem Stuetzpunkt nach Puerto Williams. Also machte ich mich auf zur Komandozentrale der “Armada de Chile” in Punta Arenas, sprach artig vor und gelangte schliesslich an einen Herrn in Uniform, mit vielen bunten Plaettchen. Vor lauter Aufregung vertauschte ich alle gramatischen Formen von denen ich sowieso nur ansatzweise eine Ahnung habe, so dass das ganze Gefasel keinen Sinn machte. Der General, oder was er auch immer die goldenen Striche und Schnuerre bedeuteten, hoerte mir dennoch verstaendnisvoll nickend zu und versicherte nach einigem Ueberlegen, dass ich durchaus mitfahren
koenne.

Leider war der naechste Transport erst in ein zehn Tagen, vorgesehen, so dass ich mich nach weiteren Alternativen umsehen musste. Viel gab es nicht, nur eine Gesellschaft, die Fracht nach Puerto Williams und Passagiere mitnahm. Allerdings zu einem fuerstlichen Preis: 120 USD…Da musste ich schon ganz schoen schlucken. Noch mehr als man mir sagte, dass es sich nur um einen Sitz handeln wuerde und ich kein Bett haette. Und das fuer 36 Stunden.

Ich hatte schon Angst, dass das Boot ohne mich abfuhr, denn der Fahrer meines Gemeinschaftstaxis in Punta Arenas liess sich betraechtlich Zeit, eher aus Altersgrueden, ich glaube er sah nicht mehr besonder gut.

Als ich zum Hafen kam, sah ich den rostigen Frachter, der vormals mal rot gestricken war. Die “Bahia Azul”. An Bord waren noch zwei andere Passagiere, Fischer, die nach Monaten auf See einen wohlverdienten Besuch bei der Familie abstatten wollten. Der Kahn war recht heruntergekommen, ich hoffte er wurde es bis Puerto Williams schaffen. Aber bei naeherem Hinkucken sah ich die dicken Seitenwaende aus Stahl und war zuversichtlich.

An Bord war jede Menge Fracht, zwei grosse LKWs, Saecke, Kisten und grosse Tanks mit Diesel. Man bat uns deshalb, das Rauchen ganz zu lassen.

Die Passagierkabine ein winzigkleiner Raum mit trueben Fensterchen, war ausgestattet mit Plastiksitzen und einem bruellenden Fernseher. In Gedanken beglueckwuenschte ich mich, dass ich an die Ohrenstoepsel gedacht hatte.

Kurz drauf kam jedes Mitglied der neunkoepfigen Crew – rein zufaellig – mal an unserem kleinen Wartesaal vorbei, um einen Blick auf den blutigen Horrorfilm im Fernsehen und/oder die Turista zu werfen. Laut Passagierliste war ich Franzoesin, keine Ahnung, wie die im Verkaufsbuero darauf gekommen sind.

Es ging streng nach Hirachie, zuerst der Kapitain, ein kleiner untersetzter Mann mit Schnurrbart in schwarzer Uniform mit Goldknoepfen. Der Mantel ging fast bis zum Boden.

Dann das typische Exempel eines Copiloten, galant, augenzwinkernd und gutaussehend, der gleich ein paar Saetze in Englisch auffuhr (“Ihre Augen sind ja so blau wie das Meer…”)

Danach kamen die Steuermaenner, die Maschinisten und –  very, very important Person – der Koch. Ein kleiner Mann mit rosigem Gesicht, in bluetenweisser Schuerze und Muetze. Den begruesste ich besonders herzlich, denn man muss sich mit den wichtigen Leuten gut halten.

Zum Schluss tauchte Patrizio auf, Steward, Lademeister und Maedchen fuer alles. Wir haben uns sofort gut verstanden. Patrizio bot mir an, dass ich ihn jederzeit, in seinem Buero besuchen keonne, aber da sei er nur selten, denn waehrend der Ueberfahrt ruhe er sich aus.

Er zeigte mir das Schiff. Das Buero war ein kleiner Raum, am Ende des Bootes, vollgestopft mit Fracht, einem Kopierer und einer Schreibmaschine, an den Waenden jede Menge Fotos von Damen in Badeanzuegen.

Dann gab es eine kleine Kombuese, der Koch stand schon am Herd, der mit einem Gatter umzauent war, und kochte einen riesigen Topf Suppe.

Weiter hinten die Toiletten – eine fuer Damen, eine fuer Herren, praktisch, ich hatte eine eigene – der Maschinenraum und die Schlafkojen. Die Dusche war ganz am Ende. Patrizio riet mir “nur kalt zu duschen”, denn letztes Jahr “sei einem Kollegen das Gesicht eingefroren, als er – warmgeduscht – bei klirrender Kaelte vom Ende des Bootes zu seiner Kabine lief. Es hat zwei Jahre gedauert, bis er wieder den Mund zukriegte”…

“Wenn Du willst” bot Patrizio mir an “kannst die freie Koje in meiner Kammer haben” Na klar, wollte ich, besser als 36 Stunden in einem Plastiksitz…So holte ich mein Gepaeck aus dem kleinen Wartesaal und sagten meinen Mitreisenden “Adieu”. (Wahrlich habe ich sie erst bei Ankunft in Puerto Williams wieder gesehen..)

Bald drauf, war alles an Bord verstaut, wir klappten die Luke zu und wir liefen aus. Punta Arenas sah ich immer kleiner werden, als ich an der Reling stand. Der Koch tischte seine Suppe auf, dazu gab es lecker selbstgebackene Broetchen. “Aber nur fuer die Mannschaft, die Passagiere bekommen Toastbrot” versicherte man mir. Im Geiste bedauerte ich die beiden anderen in der Passagierkabine, aber die erfuhren ja nichts von ihrem Pech, da sie sowieso erst nach der Mannschaft ihr Essen bekamen. Aus Dankbarkeit half ich dem Koch beim Abwasch. Danach tranken wir einen Mate zusammen.

Spaeter ging ich an die frische Luft, um die raue Brise zu geniessen. Der Copilot oben auf der Bruecke winkte sofort aufgeregt, als er mich sah, streckte den Kopf zur Tuere hinaus: “Kommen sie doch herein, hier ist es waermer”…”Ja, darf ich denn auf die Bruecke??” fragte ich verwundert. Das hatte ich nicht erwartet, die christliche Seefahrt und Frauen auf der
Bruecke…

Die Sicht in der kleinen Steuerkabine war fantastisch.

Einen Autopiloten gab es nicht, jeder der Steuermaenner tat vier Stunden Dienst, was im Klartext bedeutet am hoelzernen Steuerrad zu stehen und dieses dann und wann einen Zentimeter nach rechts oder links zu bewegen. Kapitaen und Copilot wechselten sich auch alle vier Stunden ab, aber sie lenkten nicht, sassen nur vom Radar oder blaetterten durch Karten, um die Koordinaten dem Steuermann durchzugeben. “Eigentlich sind das alles “Capitanes artificiales” sagte Patrizio zu mir spaeter. “Die fahren immer die selbe Route und es ist sehr einfach”.

Der Copiloto war in seinem frueheren Leben Diskjockey gewesen, so verriet er mir, und verfuegte deshalb ueber ein breites Repatoire von CDs, die er abspielte. So umrundeten wir den suedlichsten Teil des Kontintes bei plaerrender Musik von Modern Talking (“Ich habe was Schones aus Deutschland fuer Sie”..), kombiniert mit Klassikern wie (“un torro amorado del la luna…”). Patrizio hatte in der Zwischenzeit (kalt) geduscht und kam nach auf die Bruecke. “Hach, jetzt einen Pisco Sour” seufzte der Copi “und die Disco waere perfekt”. Im Geiste sah ich schon die Schlagzeige vor mir: “Betrunkener Kapitaen uebergibt Steuer an Tourista. Vor Kueste Patagoniens Schiffbruch….”

Die See wurde rauer, das Wetter schlechter, aber uns kuemmerte das nicht. Wir lachten viel, der Gespraechsstoff ging nicht aus. Glaube alle waren interessiert mal was anderes zu hoeren, besonders als ich ihnen von meiner Arbeit im Flugzeug erzaehlte. Der Steuermann freute sich sehr, “das sei mal eine kurzweilige Wache gewesen”.

Spaet abends gingen wir zur Koje, der Copilot leuchte mir fuersorglich mit der Taschenlampe den Weg die Leiter hinunter. “Puh” sagte Patrizio, “das Wetter ist ja schlecher als der Kapitaen”. In der Tat, mittlwerweile regnete es in Stroehmen und der Wind blies.

Dennoch konnten wir im Schein der Lampen in den Wellen Delfine erkennen. In der Kajute schaukelte es ganz gehoerig und ich hatte Angst aus dem oberen Bett zu fallen. “Brauchst Du wirklich keine Tuete?” fragte Patrizio fursorglich “Nicht, dass Du dich uebergeben musst, ich liege naehmlich in der Koje unter Dir. Manch einer schafft es nicht mehr rechtzeitig zu den Toilletten…” Aber es ging. War so aehnlich wie ein Flugzeug in Turbulenz halt.

Morgens war der Seegang noch heftiger, das Boot schaukelte wie ein Jogurtbecher auf den Wellen. Den Kopierer in Patrizios Oficina mussten wir auf den Boden stellen, sonst waere er sicher abgestuerzt. Die Maenner staunten, dass mir noch nicht schlecht geworden sei. Ich auch – hielt aber tapfer matetrinkend – durch, wollte ich doch nicht das gute Essen des Kochs hergeben. “Du hast Glueck mit dem Essen” meinte einer der Marinos “da ist noch ein anderer Koch, der hat keine Ahnung von seinem Beruf. Aber der ist auf Urlaub, gottseidank”. Um mir die Zeit zu vertreiben schaelte ich ein paar Kartoffeln in der Kombuese und trocknete das Geschirr ab.

Als der Kapitaen Wache hatte, bat er um meine Gesellschaft, so brachte ich ihm einen “Nescafe” auf die Bruecke (verlor aber die Haelfte auf dem Weg, es war einfach zu wackelig). Dafuer erzaehlte mir der alte Haudegen von seinem Seemansgarn. “Frueher sei er bei der Kriegsmarine gewesen”. Waehrend des Krieges”…haben wir das Fell von Schafen uebergezogen, sind so von Kueste zu Kueste gerobbt, um unerkannt zu bleiben”…

Die See war mittlerweile ruhiger geworden, denn wir drehten ab in die Fjorde und liessen das offenes Wasser des Pazifiks hinter uns. Im Regen konnte man die schneebedecken Berge erkennen, ab und an einen Gletscher. Die Landschaft war rau und wild, aber sehr, sehr
schoen.

“Wenn Du mal einen reichen Mann heiratest” sagte der Kapitaen, “dann machst Du die Hochzeitsreise hierher und faehrst duch die Seitenarme der Fjorde”.

Mittlerweile gehoerte ich zum Inventar und die Crew beratschlagte schon, wie man es am besten anstellen wuerde, dass ich wieder mit ihnen zurueck nach Punta Arenas fahren
koenne.

Wegen der hohen Kosten hatte ich mich naemlich entschlossen nur einen Weg mit dem Schiff zu reisen und dann mit dem wesentlich billigeren Flugzeug zuruckzukehren. Patrizio sagte dazu “Ich mach eine Chilena aus Dir, die Einheimischen fahren nur fuer die Haelfte. Wir faelschen die einfach die Papiere”. “Klar, und ich weiss schon einen Namen” meinte der Copiliot begeistert “wir nennen sie Maria Limpieza (Maria die Reine)”. Der Kapitaen fuegte an, als wir so gemuetlich beisammen auf der Bruecke sassen, “Wenn es mein Schiff waere, dann wuerdest Du immer gratis reisen”. Ein nettes Kompliment von einem alten
Seebaeren.

Ploetzlich gab es einen Alarm und viele rote Lampen brannten. Gonzales, so hiess der Copilot, telefonierte mit den Maschinisten, unten im Bauch des Schiffes. Dafuer drehte er an einer alten Kurbel, die an einem noch aelteren Telefon hing. Der Kapitaen sprang raus, beugte sich ueber die Reeling, ich hatte schon Angst, dass er ueber Bord ging mit seinen kurzen Beinen. Nach einigem Hin und her sprangen die Dieselmotoren wieder an und wir fuhren weiter. Leider gingen die roten Lichter bis Puerto Williams nicht mehr aus, so dass man kurzerhand ein Tuch drueber warf.

Abends gab es lecker Steak beim Koch und ich hatte die Eingebung, dass ich, wenn ich so weiterfrass, bei Ankunft in Puerto Williams die Gangway runterrollen wuerde. Aber durch meine Exkursion in den Nationalpark waren noch Reserven frei. Nach einer geruhsamen Nacht mit vollem Bauch im sanftel Schaukelrythmus legten wir puenktlich um 8.00 Uhr morgens in Puerto Williams an.

Die Mannschaft war ploetzlich sehr beschaeftigt, besonders Patrizio, denn er hatte die Verantwortung fuer de gesamte Ent- und Beladung des Schiffes. Aber auch Kapitaen und Copilot halfen mit.

Mitten in dem ganzen Getuemmele erreichten uns zwei Hiobsbotschaften: Das Schiff musste viele Stunden frueher auslaufen als vorgesehen, da Fracht in Punta Arenas abzuholen war. Das bedeutete nur einen Aufenthalt bis abends 11.oo Uhr.

Und – noch schlimmer – alle Plaetze in der Passagierkabine waren ausgebucht!! Gonzales versuchte mit dem Vertreter der Reederei zu reden. Der Koch wurde sauer und sagte: “Dann faehrt sie halt als blinder Passagier mit”.

Wir verabredeten ein Bier am Abend zu trinken. “Aber zum Essen kommst Du aufs Schiff” meinte der Koch. “Claro”. Als ich gerade das Schiff verlassen wollte, bruellte der Kapitaen, der gerade mit einem Kunden sprach, “Ich will einen Kuss” “Ich komm doch noch mal” rief ich. “Egal!” So gab ich ihm einen Schmatzer auf die Wange. Der Kapitaen seinerseits ganz stolz, erzaehlte dem verdutzten Lieferanten, dass ich “eine Azafata aus Deutschland sei, die auf einem Flieger arbeitete, auf den 400 Passagiere passten…”

Ich mietete mich in der Zwischenzeit bei einem aristokratisch wirkenden Englaender ein, der vor seiner Scheidung mal ein reicher Boersenmarkler in London gewesen war.

Das kleine Staedtchen mit seinen stolzen 1.200 Einwohnern an Ende der Welt hatte nicht viele Attraktionen und so beschloss ich mittags in einen kleinen nationalen Park zu wandern. Dort traf ich auf einen schrulligen Vogelkundler, der mir allerlei interessante Dinge zeigte und sich immer wieder in tiefer Bewunderung ueber die fuenf Vogelarten ausslies, die in seinem Waeldchen lebten.

Abends sah die “Bahia Azul” unten im Hafen liegen, immer noch in geschaeftiges Treiben gehuellt. Einen tiefen Respekt hatte ich fuer die Mannschaft, die seit Stunden ohne Pause, das Schiff ent- und belud, dabei aber immer zu Scherzen aufgelegt war, so dass gute Laune herrschte. Ich nahm mir vor, bei meiner naechsten Dienstplanaenderung nicht mehr zu motzen…

Abends kurz vor elf, klopfte Patrizio an der Hospedaje des
Englaenders.

Leider hatten sie es nicht mehr auf ein Bier geschafft, es war einfach zu viel Arbeit gewesen.

Ich lief mit Patrizio schnell runter zum Schiff. “Keine Sorge, wir brauchen uns nicht zu beeilen” sagte der “ohne mich fahren die nicht, denn ich habe die Kasse” In der Tat trug er einen kleinen Koffer bei sich. Er habe noch bei den Kunden abkassiert, denn es gaebe nur Barzahlung.

An Bord sagte ich allen auf Wiedersehen. Ich war ein bisschen traurig, dass sie ohne mich fuhren und mich in den Klauen des snobischen Englaenders zurueckliessen, aber als ich in die Passagierkabine linste, die zum Bersten voll war, besann ich mich anders.

Zum Abschied schenkte mir Patrizio eine Tafel Schokolade, die er fuer eine horrende Summe in Puerto Williams gekauft hatte. “Damit Du Dir den Aufenthalt am A…der Welt etwas versuessen kannst” meinte er lachend. Dann klappte das Tor der Faehre hoch und sie legten ab. Hoch droben stand ich auf dem Huegel von Puerto Williams und winkte dem Schiff nach, bis es in den Fjorden verschwunden war.

Den Heimweg erzaehle ich Euch ein anderes Mal!!

Bis bald, liebe Gruesse, abrazo,

Katja

 

 

15.11.04

17:44:21

Hola Nino!!!

Na, gehts Dir wieder besser??? Nach Dubai Schnee, da kann man ja nur krank werden. Glaube der Temperaturunterschied ist einfach zu
gross….

Mich hat es auch erwischt hier, kuriere gerade meine Angina aus, nach zwei Tagen mit dickem Hals und Fieber habe ich aufgegeben und ein den Viren paroli geboten mit Antibiotikum.

La Azafata viajante rubia esta enferma! Que Lastima!!

Mit rund 34 Stunden Busfahrt bin ich nun ueber Calafate, Puerto Madryn (Peninsula Valdez – Whalewatching) nach El Bolson gekommen. Hier habe ich dann gezwungener Massen pausieren muessen, aber in einer sehr schoenen Jugendherberge (ganz aus Holz, rundherum nur Wald und Berge), man versorgt mich gut Tee und besten
Wuenschen.

Schade, dass mir nur zwei Wochen bleiben… Mittlerweile bin ich viel gereist, vor allem mit meinem Freund, dem Bus…Mit der Zeit bin ich eine richtige Expertin geworden, kann besser den Service beurteilen und die Sitze. Schade, dass es keine “Vielfliegerrabatte” gibt. “Millas y mas”  …Kann Dir sagen eine Hoellentour, denn die Entfernungen unterschaetzt man wirklich. Ich muss auf jeden Fall noch mal wiederkommen, dieses Land ist riesig gross und man hat wirklich nur einen kleinen Bruchteil gesehen.

Wie (oder besser OB ???) ich denn zurueckkomme weiss ich noch nicht – werde mir was ueberlegen. Eigentlich mag ich gar nicht drueber nachdenken…:))).! Denke ich fahre nach Bariloche, wenn Zeit bleibt, versuche ich noch mal die chilenische Seite runterzukommen und dann quer rueber nach Buenos Aires (eine Nacht mit Bus mit CAMA) :))). Ach stimmt und nach Montevideo muss ich auch noch, mich bei Steak und Wein verabschieden…:))).

Vamos a ver!!! Leider bleibt nicht viel Zeit und ich mag es nicht zu hetzen….

Von der Arbeit gibts keine guten Nachrichten. Es ist ein hartes Los eine der Juengsten in der Interkontgruppe zu sein – ganz abscheulich, wirklich!  Hindert auch am zurueckkommen….Standby und sonstige Widrigkeiten ueber Weihnachten. Silvester darfs vielleicht eine Reise nach Tel Aviv oder Teheran sein. Singapore kenn ich nur vom hoerensagen und in Peking war ich einmal, aber nur, weil nach meinem Request ist der Computer zusammengebrochen ist.

Na ja, ich lass es auf jeden Fall langsam angehen, mache zuerst eine Woche Bildungsurlaub (Spanisch) in Hamburg. Muss erst am 10 Dezember wieder arbeiten.

Wuerde mich auch sehr freuen, mal zusammen mir Dir und Deiner Frau die Fotos zu sichten. Das kann ich auch erst von zuhause, denn ich habe kein Equipment mit, nur die Speicherkarten. Aber das reicht meistens. So viel knipse ich gar nicht. Viele Bilder versuche ich im Kopf abzuspeichern…

Bis bald Nino,

un abrazo fuerte, hasta pronto!!

– Katja

 

 

Ende

 

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