2008/01 – Afternoon Tea in Bombay

11 Jan

 

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Blick auf Bombay von Nariman Point
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Bombay – Marine Drive
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

Januar 2008

Das neue Jahr beginnt interessant. Nach Singapur habe ich 8 Tage frei und danach eine Rufbereitschaft. Die berühmte Pralinenschachtel also, wo man nie weiss was man bekommen wird.

Als das Telefon morgens dann klingelt bin ich bereits vorbereitet, im Ernstfall eine Stunde Warnzeit von zu Hause zum Flughafen ist zu wenig um unvorbereitet zu sein. Ich habe also knapp 3 Stunden bis zum Briefing um mich auf Bombay vorzubereiten. Das ist die Praline aus der aktuellen Stand-By Schachtel.
Schmeckt mir ganz gut – ich war schon lange nicht mehr dort und freue mich auf mal ganz anderes in Asien.

Früher bin ich oft in Bombay gewesen, aber mein letzter längerer Aufenthalt dort ist mittlerweile 18 Jahre her, der letzte Flug nach Bombay ( es hiess da auch noch Bombay und nicht Mumbai wie jetzt ) ist 14 Jahre her. Noch auf der guten alten DC-10 war ich oft in Bombay, Delhi oder Karachi – aber seit 10 Jahren sind diese Städte nicht mehr meine „Baustelle”.

Schnelle 7h Flugzeit, nicht ganz voll der Jumbo, sehr angenehme Crew. Es stellt sich heraus dass meine Cockpit Crew auch Zigarrenraucher sind – der Kapitän kennt sogar den ZZB und Don Walter von Malt Tastings in Bensheim. Kleine Welt.

Also freue ich mich auf ein Gin Tonic zur Zigarre an der Bar des ehemaligen Oberoi Hotels, jetzt Hilton Towers. Und für morgen habe ich mir nachmittags Tee im altehrwürdigen Taj Mahal Hotel am Gateway of India Monument vorgenommen.

Es sollte anders kommen, aber zuerst landen wir in Bombay und ich bin angenehm überrascht. Der Airport ist moderner, aufgeräumter, weniger chaotisch als früher. Aber immer noch lebt und gedeiht die Indische Bürokratie. Einreiseliste, Zollliste, Passliste, viele Unterschriften und Angaben bevor es endlich raus geht.

Draussen ist ebenfalls alles moderner und geordneter als früher. Die Strassen sauberer.

Kurz vor der Innenstadt aber sehe ich wie früher die Menschen auf den Bürgersteigen und in den Haus/Geschäftseingänge schlafen. Sie liegen einfach auf ein Stück Pappe unter einer dünnen Decke, manche auch ohne alles – es ist warm genug. Es ist kurz vor 03h früh als wir im Hotel ankommen. Auch hier Veränderungen, viel Luxus überall. Gucci, Prada, Brioni, Louis Vuitton. Statt Oberoi Sheraton ist es jetzt Hilton Towers. Oberoi hat nebenan ein noch luxuriöseres Hotel.

Dennoch werde ich an die Irritationen von früher erinnert. Man braucht viel Geduld in Indien. Mein erstes Zimmer ist direkt gegenüber einer Batterie Aufzügen, fünf insgesamt, und die bimmeln schön laut. Also runter und Zimmer getauscht. Das nächste ist über den Generatoren der Air Condition, riesige Turbinen. Höllenlärm. Wieder hinunter zur Rezeption. Man verspricht mir ein neues Zimmer.

Die Hotelbar hat natürlich geschlossen, also treffen wir uns in der grosszügigen Crew Lounge mit eigener Bar die nur den Crews zugänglich ist. Wir rauchen unsere Zigarren und geniessen das Feierabendbier bis uns eine US Crew die Gemütlichkeit mit ihrem schrillem Gekreische und lautem Geschrei vermiest. Sie sind nicht leise zu bekommen und ihr Getränkevorrat ist unendlich. Die Air France Crew und wir geben uns nach einer halben Stunde geschlagen und überlassen den Brüllaffen das Feld.

Trotz des Generatorenlärms schaffe ich es irgendwann einzuschlafen – da klingelt ein paar Stunden später das Telefon. Im Tiefschlaf erfahre ich dass mein neues Zimmer bereit ist. Geduld. Yoga. Tief ein- und ausatmen. Bis Zehn zählen. Es ist gerade 11h, also 06h30 in meinem Körper. Was soll’s, ich stehe auf.

Ich ziehe wieder um und hoffe dass ich eine endgültige Bleibe habe. 3 Zimmer in 8 Stunden ist fast schon ein Rekord.

Sonnige 31 Grad, also shorts an und zum Pool. Und siehe da, es ist der ruhigste Ort im ganzen Hotel ! Und eine schöne Aussicht auf die Bucht und den Marine Drive gibt es obendrein dazu.

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Hilton Towers Bombay Pool
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Hilton Towers Bombay
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Hilton Towers Bombay

Ich frühstücke am Pool, gierig beobachtet von Raben die allgegenwärtig sind. Und frech dazu – kaum schaut man weg fliegen sie einen Tiefangriff auf den Tisch und bedienen sich.

Ich sehe fasziniert zu wie ein Rabe sich eine Zuckertüte schnappt, mit den Krallen festhält, mit dem Schnabel öffnet und einen anderen Raben (Liebhaber/in ?) von Schnabel zu Schnabel füttert.  Und das alles auf der Spitze eines Sonnenschirmes. Akrobatisch.

Ich habe mich erst um 16h mit Alexandra, meiner P I zum Tee verabredet, also entschliesse ich mich zu einem Ausflug in den Chor Bazaar. Dort war ich immer gerne, die Gassen voller Menschen, Antiquitäten und Krimskrams.

Ich nehme mir einen freundlichen Taxifahrer, Mr. Mansoor Khan, mit dem ich mich über den Wandel Bombay’s unterhalte. Alles zum besseren, sagt er. Aber auf der Fahrt zur Mutton Street betteln mich die Kinder durch das Autofenster wie früher an. Aber es sind weniger Bettler zu sehen.

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Strassenszene in der Innenstadt
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Please Mister, Money

Während Mr. Khan auf mich wartet, laufe ich eine Stunde durch die Gassen die von Menschen, Rickschas und Scooters nur so überquellen. Dauerndes Gehupe. Ich bewundere das Touwahou, die Quirligkeit und die stoische Ruhe der Händler.

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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

Alte Emailleschilder, nautische Geräte, Grammophone, antike Telephone, Uhren, Werkzeug, Bücher, alles ist zu haben.

Was mir auffällt ist dass viele Frauen Burkha tragen. Bis auf einen Sehschlitz ist alles verschleiert. Das kenne ich von früher nicht. Mr. Khan bietet mir später ausweichende Antworten zum Thema.

Ein paar kleine Kinder verkaufen Wasser Glasweise und freuen sich über meine Fotos, eine Frau kommt dazu und freut sich mit, ein Mann übersetzt ihr Hindu für mich. Alle freundlich, viele bitten mich um Fotos und freuen sich als ich ihnen diese im Monitor der Kamera zeige. Macht Spass.

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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

Zurück bietet mir Mr. Khan einen Abstecher zum Victoria Terminus, dem Hauptbahnhof der Indian Railway an, ein altes Viktorianisches Gebäude im Herzen Bombay’s – wir fahren an den alten Justizgebäuden vorbei, am Cricket Oval und vielen schönen Überbleibseln der Empire Zeit, als Indien das Juwel in der Krone war. Die Zeit des Raj’s.

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Bombay – Gegenüber Victoria Terminus
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Bombay Victoria Terminus
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Bombay Victoria Terminus

In der Architektur der Stadt spiegelt sich die wechselvolle Geschichte, portugiesische Stadtpaläste, christliche Kirchen, prunkvolle Villen der Parsen, viktorianische Monumentalbauten, Hindu Tempel, Moscheen.

Heute ist Bombay mit über 15 Millionen Einwohnern die grösste Stadt Indiens, das traditionelle Einfallstor zu Indien. Gateway of India ist das Wahrzeichen der Stadt, die heute vor allem mit der Film- und Musikindustrie ihr Geld verdient, wovon aber nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert.

Im weltweiten Vergleich wächst Indien nach China am stärksten – ich sehe das schon, aber China ist egalitärer und effizienter in meinen Augen.

Zurück im Hotel habe ich gerade Zeit mich zu duschen bevor Alexandra und ich wieder in Mr. Khan’s Taxi einsteigen.

Auf der kurzen Fahrt zum Gateway of India am Hafen, passieren wir ein Zigarrengeschäft. Ich lasse Mr. Khan anhalten und gehe hinein, aber ausser reichlich Zigaretten hat der freundliche Besitzer nichts. Ich denke, es sind die hohen Einfuhrzölle und das Monopol.

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Bombay – Im Zigarre(tte)n Geschäft
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Bombay

Das Gateway of India Monument wird gerade restauriert. Von hier aus fahren die Ausflugsboote nach Elephanta Island mit ihren Hindutempeln aus dem 8 Jahrhundert. Hier ist immer Trubel. Ein Mann bietet mir sein altes Honeywell Sehrohr von 1942 an.

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Gateway of India
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Sehrohr von 1942

Gegenüber des Gateway of India befindet sich das luxuriöse und altehrwürdige Taj Mahal Hotel. Absteige der Reichen und Berühmten. Ich sehe sogar einen Maybach vor dem Hotel parken.

Abends auf dem Rückflug lese ich in der Times of India dass Madonna gerade mit Entourage dort absteigt. Zuerst hat sie auch den Chor Bazaar besucht, allerdings mit Fremdenführer und Leibwächter Truppe. Ein Teil des Bazaars wurde für sie extra abgeriegelt.

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Bombay Taj Mahal Hotel
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Bombay Taj Mahal Hotel
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Bombay Taj Mahal Hotel mit Alexandra

Wohl deswegen dürfen wir nicht im Innenhof am Pool unseren Tee trinken, es ist nur für Hotelgäste reserviert. Man empfiehlt uns die Sea Lounge im ersten Stock mit Hafenblick. Leider ist die Raucherecke besetzt, aber macht nichts. Wir trinken vorzüglich würzigen Masala Tee, sehr lecker.

High Tea ist eine von den Briten übernommene Tradition die hier penibel beachtet wird. Sandwiches, Fingers, Scones, Hundert Teesorten, alles parat. Ein sehr schöner Nachmittag.

Zurück im Hotel gibt es noch eine Zigarre zum Sonnenuntergang.

Ein paar Stunden Schlaf – es ist herrlich ruhig. Zwei Stunden vor dem Wake Up werde ich wach. Hunger. Bei Room Service bestelle ich ein Chicken Tikka Masala. Ich bekomme es mit sämtlichen Beilagen, inklusive Garlic Naan das ich liebe. Liegt zwar schwer auf dem Magen, ist aber göttlich.

Als ich dann gegen Mitternacht zum Pick Up aus dem Zimmer gehe, sehe ich 4-5 Polizisten auf den Boden bei den Aufzügen sitzen, ihre Maschinengewehre lehnen an der Wand. Ich grüsse und frage was sie tun. Einen Minister bewachen sagt der Chef der Truppe. Jetzt leuchtet mir ein weshalb das Stockwerk so ruhig war.

Der Rückflug ist mit 8h30 lang, aber die Passagiere schlafen ein kaum dass sie eingestiegen sind.

Während meiner 2 ½ Stündigen Wache unterhalte ich mich mit der neuen Cockpit Crew, die ebenfalls Zigarrenraucher sind über Kuba und Zigarren. Lustig, kleine Welt, der neue Kapitän kommt vom Bodensee und freut sich auf ein Besuch bei Portmann.

Wieder ein schöner Flug – der Abschied von der Fliegerei wird mir schwer fallen wenn es so weiter geht.

Und in Frankfurt entdecke ich durch Zufall einen  Bangalore Flug den eine Kollegin tauschen möchte – ich biete ihr Bahrain aus meinem Plan an, und der Tausch ist perfekt. Ich hatte gerade erzählt bekommen wie schön unser Oberoi Hotel dort ist, ein Palast der Kolonialzeit, Zimmer mit Veranda zum Park-ähnlichen Innenhof, perfekt zum Zigarre rauchen und die Stadt auch sehr interessant.

Ich kann ja nicht aufhören und es nicht besucht haben.

Zuerst geht es nach Shanghai und dann nach Hong Kong – aber ich freue mich auf etwas mehr Indien diesen Monat.

Weitere Fotos zu diesem Bericht :

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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

 

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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

 

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Bombay – Chor Bazaar
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Bombay – Chor Bazaar

 

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Bombay – Gateway to India

 

Copyright Nino

 

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