2001/06 – Hannes Weiss : Cuba
6 Aug
CUBA
Ein Reisebericht von Hannes Weiss
Impressionen aus Cuba 2001
Kuba und die Menschen auf dieser herrlichen Insel haben meine volle Sympathie. Die kubanische Gastfreundschaft ist zu Recht berühmt. Es ist erstaunlich, wie
elegant die Kubaner mit ihren Lebensumständen zurechtkommen.
Allerdings: Vor einiger Zeit habe ich in einer ansonsten sehr guten und seriösen
Zigarrenzeitschrift wieder eine dieser unsäglichen Kitsch-Geschichten über
Cuba gelesen. Stil „Alle Menschen auf Cuba sind fröhlich, sie musizieren, singen und tanzen dauernd, machen „la vida loca“ den ganzen Tag und genießen das Leben unter der karibischen Sonne“. Und sind glücklich und mit dem Tag zufrieden, wenn sie eine Jinetera sehen, die den schönsten Hintern Havannas hat.
Was für ein Unsinn ! Das Leben in Cuba ist für die Menschen unglaublich hart, es fehlt an Allem. Das fängt bei ganz selbstverständlichen Dingen an: Schon der tägliche Weg zur Arbeit ist –für unsere Verhältnisse- unvorstellbar umständlich: Selbst für kleine Distanzen von wenigen Kilometern braucht man teilweise mehrere Stunden. In einem Bus, der ursprünglich für siebzig bis hundert Passagieren konzipiert wurde, aber regelmäßig mit über dreihundert besetzt ist. Die singen allerdings nicht ständig. Dafür fühlen Frauen und Mädchen ständig Hände überall, während sie ihr Portemonnaie festhalten müssen, damit es nach diesem Erlebnis auch noch vorhanden ist.
Camello in La Habana
Mütter mit kleinen Kindern stehen täglich vor demselben Problem: Wie ernähre ich mein Kind, woher bekomme ich Milch – und müssen dafür stunden-, manchmal tagelange Reisen auf sich nehmen.
Familien mit halbwegs erwachsenen weiblichen Kindern sind einem ständigen Druck von außen ausgesetzt, besonders in Havanna: Die Töchter –soweit sie einigermaßen gut aussehen- werden ständig angesprochen und belästigt: Weshalb sie denn so dumm sei und arbeite oder studiere. Studieren, davon habe sie ja sowieso nichts, weil sie danach doch auch nicht mehr verdiene als eine normale Arbeiterin, wenn sie überhaupt nach dem Studium eine Stelle finde! Sie könne doch als Jineteraviel mehr verdienen, indem sie mit Touristen weggehe und Spaß mit ihnen habe. Und vielleicht lerne sie ja sogar einen kennen, der sie mitnehme nach Europa, wo sie dann lebe wie eine Fürstin. An einem Tag alleine könne sie doch mehr verdienen als ihre Eltern in einem ganzen Monat oder Vierteljahr.
Überhaupt, der Tourismus. Segen oder Fluch ? Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und den in der Folge ausbleibenden Finanzhilfen blieb für Cuba keine andere Möglichkeit, als den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben und den Tourismus als Devisenbringer zu fördern. Die in der Folge seit Jahren ständig steigenden Besucherzahlen sorgen zusammen mit der Freigabe des Dollar-Besitzes für einen sich beschleunigenden Zerfall von Anstand, Sitte und Moral.
Taxifahrer, Fremdenführer, Kellner, Jineteros und Jineteras sind Spitzenreiter in der Einkommens-Skala. Sie können sich in den staatlichen Dollar-Geschäften alles kaufen. Der Normal-Bürger hat die Alternative entweder ehrlich zu bleiben und dann stundenlang Schlange zu stehen für einen Laib Brot und die sonstigen Dinge des täglichen Lebens, oder eben das Spiel mitzumachen und mit halb- oder
illegalen Geschäften seine Familie über die Runden zu bringen..
Im öffentlichen Leben ist die Präsenz der Polizei unübersehbar – an jeder Ecke stehen Polizisten – allerdings ist ein hoher Grad anMotivation und Diensteifer
nicht so deutlich zu erkennen. Zusätzlich ist ständig eine schwer einzuschätzende
Zahl an Geheimpolizisten in Zivil unterwegs.
Im privaten Bereich sind die Bürger einem lückenlosen System an Komitees
unterworfen, an ihren Arbeits-Stellen durch die Gewerkschaft, in ihrem
Wohnumfeld durch „Nachbarschaftskomitees“. Sie müssen ständig damit rechnen, Rede und Antwort stehen zu müssen, wenn ihr Lebensstandard sich zu sehr von dem ihrer Nachbarn abhebt. Es sei denn, sie geben immer etwas ab – eine subtile Form der Erpressung und Unterdrückung, also.
In den Fabriken ist der Schlendrian erschreckend, die Produktivität unglaublich niedrig. Der Schwund an Roh- Hilfs-und Betriebsstoffen ist hoch, bei Fertigprodukten enorm.
Raum für Eigeninitiative wird – innerhalb der Fabriken – so gut wie nicht gegeben. Planerfüllung zählt. Die Arbeitszeiten liegen auf dem Niveau Deutschlands in den 50er Jahren. Die Löhne ? Umgerechnet etwa 12 $ US!
Dies sind alles altbekannte Probleme, wir kennen sie aus den nicht mehr existierenden – weil pleite gegangenen – Ländern des real existierenden Staats-Sozialismus.
Er nimmt den Menschen – im heutigen Umfeld – jegliche Perspektive und verdammt sie zum dahinvegetieren in einem System, das persönliche Wünsche gnadenlos missachtet und für Initiative nur die Grau-Zonen am Rande der Legalität offen lässt.
Mit dem normalen, staatlichen Einkommen kann heute in einer der größeren Städte ein Familienvater seine Familie nicht mehr ernähren. Ohne – wie auch immer erworbenes – Zusatzeinkommen würde die Familie verelenden.
Noch armseliger sieht es auf dem Land aus.
Die Menschen leben teilweise in Hütten, in denen man bei uns nicht einmal Vieh
halten dürfte. Barfüßige Kinder sind öfters zu sehen. Dazu aber später mehr.
REISEN AUF CUBA
Wir verlassen Havanna mit unserem Mietwagen. Die vierspurige, breite Autobahn Richtung Pinar del Rio wird sehr schnell leer, je mehr man sich von Havanna entfernt. Unter jeder Brücke stehen Anhalter in Scharen und warten geduldig, meist stundenlang, auf ein vorbeikommendes Fahrzeug, das sie einige Kilometer weit mitnimmt. Esels- und Pferdekarren auf der Autobahn sind normal und man sieht mehr davon als Autos. Ab und zu kreuzt ein Auto die Fahrbahn – um über unsere Spur abzubiegen.
Immer wieder stehen Bauern an der Fahrbahn, die Queso (Käse) verkaufen wollen – sie haben ein oder zwei Pfund dabei und stehen in der Fahrbahn, halten ihn hoch um zu zeigen, was sie anbieten. So stehen sie und hoffen, ein paar Pesos convertibles oder Dollars zu erlösen.
VALLE DE VIÑALES
In keinem Reiseführer über Cuba fehlen die Fotos, auf denen dieses Tal mit seinen Hügeln, Tabakfeldern und den Bauern-Hütten abgebildet ist. Nichts aber kann den einmaligen Eindruck wiedergeben, den man hat, wenn man auf der Terrasse des Hotels „Los Jazmines“ steht und über das Tal schaut. Die Bilder sprechen für sich.
Valle de Viñales
VEGAS ROBAINA
Die Plantage der Familie Robaina erreicht man nur über einen Feldweg mit tief ausgefahrener Spur, er ist mit Löchern und Gruben übersät. Ohne geländegängiges Fahrzeug hat man hier keine Chance.
Don Alejandro und seine Familie empfangen uns auf das herzlichste. Wir wurden schon erwartet, da wir unsere Ankunft per Telegramm angekündigt hatten. Telefonisch geht das nicht, denn in diesem Teil der Insel sind die Telefon-Anschlüsse sehr selten und die Familie Robaina gehört nicht zum privilegierten Kreis der Anschlussinhaber.
Don Alejandro’s Sohn Carlos führt uns über die Plantage, zeigt uns die Anlage für die Setzlinge, den Trockenschuppen und auch die Weide mit den Ochsen, mit deren Hilfe die Felder umgepflügt werden.
Das Auto von Don Alejandro – ein alter US-Ford aus den 40er Jahren – wird vorgeführt und der Stand der gerade in Angriff genommenen Restauration erläutert. Momentan fährt Don Alejandro ein Fahrzeug, das ihm Fidel Castro geschenkt hat, in Anerkennung seiner Verdienste für Cuba: Einen Lada ! Man fragt sich, in welchem Verhältnis das steht, bei den Gewinnen, die die Habanos S.A. mit der Marke “Vegas Robaina” erwirtschaftet und – ganz besonders – mit den traumhaften Tabak-Ernten der Plantage. Die Familie Robaina erhält für ihre besonderen Tabak dennoch genaudenselben Preis, den andere Vegueros erhalten, ungeachtet der gelieferten Qualität.
Die Menschen hier – obwohl sie tagtäglich eine stetig steigende Zahl von Besuchern empfangen – sind unglaublich freundlich und liebenswert. Man nimmt sich Zeit, erklärt alles geduldig und bietet – mit den bescheidenen Möglichkeiten die man hat – eine herzliche Gastfreundschaft, die man bei uns so nicht kennt.
Señora Robaina pflückt extra für uns kleine Chili-Schoten von einem Strauch in ihrem Garten und verpackt sie liebevoll in Papier.
Chilis in Robainas Garten
Währenddessen sitzen wir auf der Veranda und reden mit Carlos über seine Arbeit, seine Pläne und Wünsche. Er möchte die Tradition seines Vaters
fortsetzen. Neben uns spielt sein etwa 7-jähriger Junge auf dem Boden der
Veranda. Ich sage: „Er wird einmal Millionär sein, wenn er die Plantage übernimmt….. ! Diese Vega wird wegen ihres einmaligen Tabaks heiß umworben sein, wenn irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft das Embargo fällt und Cuba
sich der Marktwirtschaft öffnet.“
Daraufhin erzählt man uns, wer erst vor Kürze hier zu Besuch war. Sehr interessant. Die Großen der Branche stehen also schonvor der Türe ….. !
Die Vegueros sind die einzigen Privatpersonen, denen in Cuba Landbesitz gestattet wird. Eine vernünftige Entscheidung, damals, Anfang der 60er Jahre. In den nächsten Jahren könnte sie sich allerdings zu einem großen Problem entwickeln. Dann, nämlich, wenn die Vegueros frei sind, ihren Tabak am freien Markt zu verkaufen. Innerhalb kurzer Zeit könnte der Markt aufgrund der Nachfrage der amerikanischen Tabak-Giganten leergefegt sein und die kubanischen Fabriken stehen dann vor leeren Tabak-Lagern.
Nach einem überaus herzlichen Abschied fahren wir zurück nach Havanna. Sehr nachdenklich.
CIENFUEGOS
Cienfuegos, mi amor. Diesen Satz kann ich aus vollem Herzen unterstreichen. Eine wunderschöne, kleine Stadt, voller Leben, mit einem beeindruckenden Zentrum .
Cienfuegos
Wir sitzen im Restaurant „Cueva del Camaron“. Draußen regnet es in Strömen,
ein tropisches Gewitter hatte sich schon am Nachmittag angekündigt, als wir an
der Uferpromenade sitzend uns über Barbaras Möglichkeiten unterhielten, auf
einigermaßen legalem Wege etwas Geld zu verdienen.
Das Restaurant bietet eines meiner Lieblings-Gerichte: Gambas in Olivenöl, mit Knoblauch und viel Chili. Dazu einen – recht guten – einheimischen Wein, der interessanterweise den Namen „San Cristobal de la Habana“ trägt. Die Gambas sind so gut, dass ich eine zweite Portion esse. Draußen blitzt und donnert es, der Regen hat die Strasse mittlerweile in einen unpassierbaren kleinen See verwandelt.
Die mitgebrachte, bei La Corona gefertigte Esplendido schmeckt nach dem kräftigen Essen hervorragend. Barbara und ich unterhalten uns mit Maylin, der überaus freundlichen und liebenswürdigen Bedienung. Sie ist eine reizende
Dame, etwa Mitte dreißig und erzählt uns, dass sie zusammen mir ihrem Mann in
einem kleinen Haus direkt am Strand wohnt und gerade dabei ist, zwei
Fremdenzimmer einzurichten, mit Blick auf das Meer.
Am nächsten Tag schauen wir uns die Zimmer in der Calle 35 Litoral 4B an. Eine wunderschöne Lage, herrlicher Blick über das Meer. Der Standard der Zimmer ist – für kubanische Verhältnisse – ordentlich.
Cienfuegos ist eine Perle, obwohl es heute eine bedeutende Industriestadt und seit Jahrzehnten schon die Drehscheibe für den Zucker-Export ist. Es bietet unter architektonischen Gesichtspunkten ein paar wunderbar erhaltene oder restaurierte Gebäude im Kolonial-Stil. Die Bilder sprechen für sich !
TRINIDAD
„Weg hier, nur weg !“ Meine ersten Gedanken bei der Ankunft in Trinidad. Die Fahrt durch die ehemaligen Ländereine der reichen Zuckerbarone und ein kurzes Stück entlang der Küste war herrlich.
Aber Trinidad – ich weiß nicht. Je näher wir dem Zentrum gekommen sind, umso mehr werden wir von Jineteros verfolgt. Sie halten unser Auto an, da wir an unserem Kennzeichen ohne weiteres als Touristen zu erkennen sind und bieten uns alles Mögliche an – Zimmer, ihre Schwester, eine Stadtführung oder was sonst noch alles. Zigarren natürlich auch.
Trinidad selbst hat mich überhaupt nicht beeindruckt. Man muss schon sehr romantisch veranlagt sein, um in den alten, halbverfallenen Häusern und Hütten nur die malerische Kulisse einer alten Kolonialstadt zu sehen. Für mich hat das Elend und die Armut der hier lebenden Menschen dominiert, hat sich so
stark ins Blickfeld gedrängt, dass ich nichts „malerisches“ und keine
„Romantik“ mehr empfinden konnte. Die Menschen haben keine Arbeit, keine
Perspektive und leben nur von Tag zu Tag.
Der dekorative Oldtimer, der in fast jeder Zeitung, in jedem Reiseführer abgebildet ist, steht seit Jahren an derselben Stelle und rostet vor sich hin. Ein Foto ? Kostet 2 Dollar !
Wir haben unseren Aufenthalt abgekürzt und sind früh am nächsten Tag weitergefahren, in die Sierra del Escambray.
Ein guter Entschluss, wie ich meine.
SIERRA DEL ESCAMBRAY
Diese Landschaft, in der sich Che Guevara 1958 mit einer kleinen Schar von Revolutionären während der Kämpfe versteckte, ist wunderschön und überwältigend.
Auch in den Jahren nach 1960 wurde in dieser Region im Zuge der „Konterrevolution“ weiter gekämpft. Erst 1966 kam sie zur Ruhe. Vor 50 Jahren war dieser Landstrich eine fast undurchdringliche Wildnis und damit als Versteck ideal. Man kann sich heute noch lebhaft vorstellen, welch primitive und harte Bedingungen die Menschen auf beiden Seiten damals wohl zu ertragen hatten.
Kleine aber gut ausgebaute Straßen durchziehen heute diese Landschaft. Immer wieder sieht man kleine Felder, auf denen der wunderbare kubanische Kaffee angebaut wird – die Ernte gehört immer dem Staat !
Über Manicaragua fahren wir zurück nach Havanna. Auf der Autobahn sieht man des öfteren auf dem Standstreifen Arbeiter mit Traktoren und Anhängern. Sie breiten Kaffee-Bohnen auf dem heißen Asphalt zum Trocknen aus. Nach einigen Stunden wird alles wieder zusammengekehrt, in Säcke abgefüllt und auf den Anhängern abtransportiert.
Kurz nach der Auffahrt auf die Autobahn werden wir von der Polizei angehalten. Der Beamte bittet uns – sehr höflich aber auch bestimmt – zwei seiner Kollegen mitzunehmen. Wir tun das gerne.
Schweigsam sitzen die beiden Polizeibeamten im Fonds des Wagens. Auf unsere
Frage erzählen sie uns, dass sie auf der Rückreise von ihrer Familie sind. Ich
freue mich, reise ich doch zum ersten Mal unter „Personenschutz“ !
HAVANNA
Nach der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen auf dem Lande wirkt Havanna doch wieder etwas ernüchternd.
Großstadt-Flair, eben. Über Havanna selbst ist genügend geschrieben worden.
Es erübrigt sich also, hier nochmals über den „morbiden Charme Havannas“
(oder was man sonst noch so liest) zu berichten.
Anerkennenswert ist jedoch, was das Investment der UNESCO in der Altstadt mittlerweile schon bewirkt hat: Zum Teil wunderbar restaurierte Gebäude und Straßenzüge lassen erkennen, wie schön diese Stadt in einigen Jahren sein wird. Es scheint seinen Vorteil zu haben, dass dieses Projekt über eine selbstständige Aktiengesellschaft abgewickelt wird, die die restaurierten Gebäude vermietet und aus den erwirtschafteten Gewinnen neue Projekte finanziert. Ein intelligentes Konzept, das seinemErfinder und Initiator Eusebio Leal wirklich zur Ehre gereicht!
Einige Beispiele seien genannt: Das Hotel Florida, mit einem wunderbaren Patio und sehr schönen Zimmern. Das Hotel „Conde de Villanueva“ oder der Drugstore „Johnson“.
LA CORONA
Ein Juwel unter den Zigarrenfabriken. Die größte und – wie die Mitarbeiter stolz behaupten – die beste kubanische Zigarrenmanufaktur mit etwa 700 Mitarbeitern, die hier ungefähr 18 Millionen Zigarren pro Jahr herstellen.
Bei La Corona, früher an dem Kürzel „FR“ auf den Zigarren-Kisten und Cabinets erkennbar, werden manche der größten Zigarren Kubas gefertigt: Punch und Hoyo Double Coronas, Ramon Allones Gigantes, Monte A’s und Hoyo Particulares. Die beiden Sonderserien der Cuaba Salomones stammen natürlich ebenso aus der Galera von La Corona. Auch Cohiba Esplendidos, die Siglo-Serie und mittlerweile selbst die Lanceros, sind im Fertigungsprogramm, Und die Zigarren der neuen Marke „San Cristobal de la Habana“ werden exklusiv bei La Corona gerollt, worauf man besonders stolz ist.
In den Räumen bietet sich das bekannte Bild. Hunderte von Frauen und Männern sitzen an ihren Arbeitstischen, rollen Puro um Puro und werden dabei von einem Lektor unterhalten. Recht oft allerdings sieht man auch Walkman-Kopfhörer, besonders viele bei den jüngeren Mitarbeitern.
LaGalera in La Corona
Im Bereich Qualitäts-Sicherung wurden in den letzten Jahren die Normen ständig
erhöht, um das Qualitätsniveau auf einen Level zu bringen der die berechtigte
Kritik der vergangenen Jahre wieder verstummen lässt. Wohl mit Erfolg, denn die Zigarren die in der der letzten Zeit am Markt zu finden sind machen wieder einen tadellosen Eindruck
Hannes Weiss in La Corona
Ein anderes Kapitel: Die Bezahlung der Arbeiter. Seit vielen Monaten hat
La Corona ein ähnliches System wie El Laguito. Einen Teil des Lohnes erhalten
die Mitarbeiter in Pesos Convertibles, abhängig vom Gewinn, den die Fabrik
erwirtschaftet. Leider waren die Ergebnisse in den vergangenen Jahren aber nie
sehr erfreulich, bedingt durch die Knappheit an Rohtabak zu Anfang des Jahres
2000 und in den folgenden Jahren durch die teilweise dramatisch verlaufende
Normalisierung der Nachfragezahlen, die in der Fabrik zu Kurzarbeit in
erheblichem Umfang geführt hatten.
Eine kleine Anekdote aus dem Jahre 2000: Im Lagerraum, dem sogenannten „Armoire“, zeigt man mir wunderschöne Zigarren mit unglaublichen Maduro-Deckblättern. Diese Zigarren lagern hier schon einige Monate. Habanos S.A. verweigert die Abnahme, weil die Deckblätter zu dunkel seien. Denn die Kunden wollten angeblich Claro-Cigarren, da sie „dunkel“ mit „stark“ assoziieren würden und der Trend bei den Aficionados ginge zu milden Puros. Aus diesem Grund seien diese Cigarren zu vernichten …. !
Edicion Limitada Partagas Piramides, HW
Ich kann das nicht glauben und interveniere mit guten Argumenten.
Einige Stunden später , im Büro des damaligen Direktors Jose Gonzalez, wird die Idee geboren, diese Zigarren als Edicion Limitada auf den Markt zu bringen .
Mit Pepe in seinem Büro in La Corona
Am nächsten Tag marschierte er mit dem Konzept zu Roberto Delgado, dem
Marketingdirektor der Habanos S.A. …. und die Edicion Limitada war geboren.
Wir diskutierten damals auch lange über die momentanen Probleme, die Schwierigkeiten und auch über die kommenden Jahre und die zu erwartenden Veränderungen für die Fabrik. Ich empfehle Jose, soweit das ginge, ein Lager an Rohtabak anzulegen um die Fabrik auch über ein oder zwei Jahre produktionsfähig zu halten wenn einmal die Versorgung mit Rohtabak stocken sollte.
Der heutige Direktor von El Laguito
Denn damit ist zu rechnen. Irgendwann wird das Embargo fallen, in nicht allzu ferner Zukunft. Neben amerikanischen Touristen werden auch Geschäftsleute das Land überfluten und es wieder fest in den Griff nehmen. Alles wird sich ändern. Und, sehr schnell, werden die Preise für kubanische Tabake gewaltig steigen. Wir können uns ausrechnen, welche Auswirkungen dies für die Preise und die Verfügbarkeit unserer geliebten Havannas mit sich bringen wird. Viele Formate werden verschwinden. Andere im Preis kräftig steigen. Die eine oder andere Marke wird es nicht mehr geben Auch die heute vorhandene Vielfalt in Geschmack und Aroma der einzelnen Zigarren dürfte verloren gehen. Die Zigarren werden sicher – was die handwerkliche Qualität
angeht – besser werden.
Man kann diskutieren, was besser ist. Ich persönlich liebe die Havannas so wie sie heute sind. Sie schwanken in ihrer Qualität, sicher: Nach unten, aber auch nach oben. Und das bedeutet: Wenn die Ernten gut sind, bekommt man Zigarren höchster Qualität in Bezug auf Aroma und Geschmack.
Hannes Weiss
Mitte 2001
Alle Fotos : Hannes Weiss
Copyright © Hannes Weiss